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Donnerstag, 15. Mai 2014

Beides zugleich

"M?" Ein fragender Blick seinerseits. "Was ist eigentlich mit deinem Ring?" "Hm?", fragt er nach. "Dein Ring. Was mit dem ist." "Der ist weg." Sie haben sich nicht getrennt. Er hat ihn einfach nur verloren. Oder er ist kaputt. "Der ist weg", wiederholt er, dann fügt er ein "Wir haben uns getrennt." dazu. Ein "Oh, ach so", meinerseits, ich versuche, meine Freude zu unterdrücken, mache dazu zwei, drei Schritte aus dem Zimmer raus und in den - Gott sei Dank - dunklen Flur, ehe ich mich umdrehe und sage: "Tut mir leid". Er antwortet "Schon okay", ich nicke, gehe endgültig und kann mich vor Freude kaum zurückhalten, ich weiß bis jetzt nicht, wie ich das geschafft habe. Seitdem frage ich mich: Bin ich ein schlechter Mensch? Ich weiß, es ist normal (ist es doch?), dass man sich darüber freut, wenn derjenige, denn man mag, "zu haben" ist, trotzdem lässt mich der Gedanke Du freust dich darüber? Obwohl du weißt, dass es ihn traurig macht oder zumindest gemacht hat? Dir ist klar, dass dich also indirekt darüber freust, dass er traurig ist? nicht mehr los. Beides ergibt irgendwie Sinn, jetzt bin ich verwirrt.

"Wahrheit oder Pflicht?" Ich hasse dieses Spiel. "Wahrheit", sage ich. "Wen aus der Klasse magst du am wenigsten?", fragt K. "Eehh" - ich kenne die Antwort - "Mich eingeschlossen?" "Äh...joa.", antwortet K. "Dann mich." "Hä?", gibt L. von sich. Für einen Moment habe ich den Drang, hemmungslos zu lachen. Der Satz Ich glaube, ich verstehe Magersucht fällt mir ein. Mir war schon damals klar, dass sie das nicht verstehen. Sowas versteht man nicht einfach so. K. fragt nach, warum ich mich am wenigstens mag. "Na ja, ich hab ein paar schlimme Sachen zu Menschen gesagt, die mir total wichtig sind. Und dann halt noch die Magersucht..." Mir ist klar, dass die Möglichkeit besteht, dass der ganze Keller hört, was ich sage, aber es ist mir egal. Sie fragen nach, was ich gesagt hab und zu wem. "Ja, aber ich mein, du kannst ja nix dafür und da kannst du dich ja nicht für hassen.", meint K. Meine Antwort lautet "Na ja, aber ich hab ja die Magersucht, weil ich mich hasse und nicht andersrum" und noch während ich das sage, denke ich darüber nach, was als erstes kam. Erst hungern, dann hassen? Erst hassen, dann hungern? Ich weiß es nicht mehr. K. und L. verstehen es immer noch. Dass man diese Magersuchtsgedanken nicht verstehen kann, bin ich gewohnt, aber ich war bisher davon ausgegangen, dass das irgendwie logisch ist. Und plötzlich fühle ich mich einsam.

"Boah, geil die haben Waffeln!", ruft K. und stellt sich an, L. und ich trotten hinterher. Plötzlich stellt sich Lisa hinter uns an. Ob sie sich eine Waffeln holt? Oder für eine Freundin? Ob sie versucht, gesund zu werden? schießen mir die Gedanken durch den Kopf. Ich beobachte sie heimlich. Stelle fest, dass sie - genau wie ich - den Tick zu haben scheint, die Füße entweder zusammenzustellen oder zu überkreuzen (Um zu testen, ob sich die Oberschenkel trotzdem nicht berühren?). Sie bestellt zwei Waffeln - mindestens eine ist also für jemand anderen - und ich muss lächeln, als ich sehe, dass sie eine der Waffeln isst. Ich bin mir nicht sicher, ob ich stolz auf sie bin, auf eine Fremde. Einerseits bin ich neidisch auf sie, weil sie die Waffel essen kann - ob jetzt mit oder ohne schlechtem Gewissen - und ich nicht, ich hätte schon am liebsten beim Geruch losgeheult, andererseits - so dumm und naiv es klingt, ich weiß es selbst und dafür verabscheue ich die Krankheit - bin ich irgendwie stolz darauf, "besser" als sie zu sein.

In der Schule hab ich mich schier zu Tode gefroren, deswegen ziehe ich nach der Schule einen Pulli an. Eigentlich wollte ich meine "Wohlfühl"-Pulli anziehen, weil es mir immer - wenn auch nur ein kleines bisschen - besser geht, wenn ich ihn anziehe, der Grund dafür ist total übertrieben, aber es ist trotzdem so, aber der Pulli ist leider in der Wäsche. Also wollte ich einen meinen geliebten Wollpullis anziehen und habe dort den Pulli meiner Tante gefunden, den sie mir an Ostern spontan geschenkt hat. Jetzt habe ich eben diesen Pulli an, fühle mich genauso wohl wie in einem "Wohlfühl"-Pulli, was unter anderem am Geruch liebt. Der Geruch meiner Tante ist für mich eine von vielen Definitionen für "Heimat" und ich bin unglaublich froh, sie zu kennen. Irgendwie wollte ich das loswerden.

Heute denke ich besonders viel darüber nach, was ich meinem Körper eigentlich antue. Früher hätten mich solche Gedanken zum Aufhören bewegt, aber inzwischen? Egal ist es mir nicht. Ich will weder mich noch keinen Körper kaputt machen. Ich weiß nur nicht, wie ich damit umgehen soll. Und auch, wenn mich das wahnsinnig macht, weiß ich, dass das besser ist, als eine meiner "Aber genau darauf lege ich es an. Mich und meinen Körper zu zerstören, solange, bis nichts mehr da ist, egal, wie sehr ich dafür leide"-Phasen zu haben. Immer positiv denken, oder wie war das?

2 Kommentare:

  1. Hmmm..auch wenn es paradox ist...natürlich freut man sich, weil man denkt, dass es nun die Chance geben könnte eine Chance zu haben.......wenn du vertehst was ich meine ;) Wie is des denn zwischen euch? Gute Freunde oder doch irgendwie mehr?
    Solche Phasen habe ich auch öfters, zwar nicht im Bezug auf Magersucht, aber auf andere Dinge...und tja.....man denkt darüber nach, klar, aber im entscheidenden Moment fällt man meistens wieder in sein Muster zurück -.-
    greeze
    maría

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  2. Ist doch klar, dass man sich in deiner Situation über sowas freut. Wer würde sich nicht freuen?

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